Reisebericht

Wüstenreiter: Auf dem Pferderücken durch das Wadi Rum

Galoppaden durch die Weite einer in allen denkbaren Beige-, Gelb-, Orange- und Rottönen gefärbten Wüste, vorbei an mächtigen Steinformationen, heitere Abende am Lagerfeuer bei arabischen Spezialitäten in Gesellschaft von Beduinen, Schlafen unter einem funkelnden Sternenhimmel, Besuch der prächtigen Felsenstadt Petra, Baden im Toten Meer mit Blick auf Israel, Besuch der Festung Al Karak und des Mount Nebos – diese Highlights ergeben eine einzigartige Reise zu Pferd im Land der Nabatäer!

Text und Fotos: Lara von Breidenbach für PEGASUS Internationale Reiterreisen

Nach einer Übernachtung in einem netten kleinen Hotel in Madaba geht es am Morgen nach unserer Ankunft auf einer 4-stündigen Fahrt durch abwechslungsreiche Landschaft ins Wadi Rum, ganz im Süden Jordaniens gelegen, wo unser 6-tägiges Wüstenabenteuer beginnt. Unsere Gruppe, die aus einem französischen Pärchen, einem Tschechen und einer weiteren Deutschen besteht, versteht sich auf Anhieb prächtig und unter Gelächter brechen wir auf – jeder mit seinem vierbeinigen Gefährten der nächsten Tage. Bevor wir uns der Wüste ganz ausliefern, laufen uns noch ein paar Kinder aus dem beschaulichen Rum Village hinterher, bleiben dann stehen und blicken uns noch eine Zeitlang hinterher. Einige freilaufende Kamele schlendern an uns vorüber, die zu den aufgeschlagenen Zelten an der hohen Felsenwand gehören, die Rum Village umgibt.

Dann tauchen wir ein in die unendliche Weite der Wüste, der ihre Einzigartigkeit durch Felsformationen verliehen wird, die in ganz unterschiedlicher Ausprägung, mal mehr konzentriert, mal weniger, mal beeindruckend hoch, mal eher niedrig –  jedoch stets sehr markant –  in der gesamten Wüste emporragen. Wir sind sogleich hellauf von dem kräftigen Farbenspiel begeistert, das aus dem satten Blau des Himmels und den ständig wechselnden Färbungen des Sands und der Felsen besteht. Nicht nur ist jeder Gesteinsbrocken und jedes Stückchen Wüste in anderen Beige-, Gelb-, Orange- und Rottönen gefärbt, sondern zusätzlich entlockt das wechselnde Sonnenlicht der Wüste permanent andere faszinierende Farbfacetten, sodass derselbe Fleck Wüste nie gleich erscheint. Hier und da sprießt auch mal ein Busch aus dem Boden und ganz vereinzelt erblickt man auch dürre Bäumchen.

Gespannt auf die nächsten Tage gelangen wir im Wüsten-Camp an und binden die Pferde an langen Stricken unter einer steilen Felswand an. Ein paar Schritte oberhalb ihres Schlafplatzes befindet sich auf einer Anhöhe das Camp, das aus einer Reihe geräumiger, weißer Zelte besteht, deren Innenwände mit farbenfrohen arabischen Mustern verziert sind. Geschlafen wird auf Schaumstoffmatratzen und im Schlafsack – so warm wie es tagsüber werden kann, so kalt kann es nachts sein. Das „Bad“ besteht aus ein paar Betonwänden, hinter denen sich ein Plumpsklo, ein Waschbecken sowie ein einfacher Duschraum verbergen. Das Hauptzelt ist mit Teppichen, Matten und Decken ausgelegt und im hinteren Bereich befindet sich eine Feuerstelle, wo von morgens bis in die Nacht hinein ein Feuer lodert. In den Flammen wird in einer Kanne der typische, arabische süße Tee warm gehalten, der in winzigen Gläsern den ganzen Tag über getrunken wird – wir gewöhnen uns schnell an dieses Tee-Ritual, das aus Jordanien nicht wegzudenken ist.

Die Reiter tauchen in die unendliche Weite der Wüste ein.

Bald schon wird ein Tisch aufgestellt, auf dem unser Koch verschiedene Leckereien präsentiert, die er in seiner sehr einfachen Küche zaubert. Zu jeder Mahlzeit gehört das arabische Fladenbrot, oft gibt es dazu Reisgerichte mit Fleisch und Gemüse, und morgens werden zum Brot Eier und Kaffee gereicht sowie Humus, „lebanah“, eine Art Frischkäse, und „satah“, das sind sehr schmackhafte Kräuter, die man mit Olivenöl mischt und in die man dann das Brot tunkt.

Unser erster Abend im Camp und auch die darauffolgenden Abende verbringen wir in fröhlicher Runde rund ums Lagerfeuer, stets in Gesellschaft von einigen bekannten und verwandten Beduinen unseres Guides Aied, die abends aus dem Dorf ins Camp kommen. Es ist spannend, ihren Geschichten zu lauschen, sich mit ihnen über die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation auszutauschen, mehr über ihre Kultur zu erfahren und vor allem ihrem Gesang zu lauschen, den sie mit einer Laute begleiten. So ziehen sich die Abende oft sehr in die Länge –  zwei Mal schlafe ich am warmen Feuer und einmal draußen in der Stille der Nacht mit Blick in den funkelnden Sternenhimmel. Kurz vor dem Einschlafen fällt eine Sternschnuppe vom Himmel – traumhaft!

Die folgenden Tage unternehmen wir sowohl morgens als auch nachmittags Ritte in unterschiedliche Gebiete des Wadi Rums. So reiten wir am ersten Morgen beispielsweise zu einem Felsen, in dem sich ein beeindruckend großes Loch befindet – der Fels erinnert so an eine Brücke. Gleich daneben ist ein gemütliches Zelt aufgebaut und ein Beduine lädt uns zu Tee ein. Fast jeder von uns erwirbt von ihm ein arabisches Tuch, das nicht nur vor dem manchmal sehr starken Wind, sondern auch vor der Sonne schützt, wenn man ihn sich auf arabische Art um den Kopf wickeln lässt, was zudem noch nett ausschaut. Schnell wie der Wind galoppieren wir über den Sand, durchstreifen tiefe Canyons, besuchen die Ruine des Hauses von Lawrence von Arabien, begegnen Kamel-Karawanen, bestaunen die größte Sanddüne des Wadi Rums und sichten sogar einen Fuchs.

Auf einem unserer Ritte binden wir die Pferde an einsam stehenden Bäumen an und wagen uns zu Fuß in eine Schlucht hinein, in der wir auf Wandmalereien stoßen. Die wechselnde Landschaft, die mächtigen Felsgebilde und die reiche Farbpalette, mit der die Wüste aufwartet, beeindrucken uns immer wieder auf’s Neue. Auf unseren letzten Ritten versuchen wir uns in arabischem Gesang, dies endet jedoch schnell in schallendem Gelächter. Zwei Guides führen uns sicher und gekonnt durch die Wüste: Zu Beginn Suleman, der dann aber leider erkrankt und deswegen von Aied abgelöst wird. Sie erzählen uns einiges über die Geschichte des Wadi Rums sowie über die Besonderheiten hier, erklären uns die Felsinschriften und sind für jeden Spaß zu haben. Jeder von uns ist mit seinem Pferd (zumeist Vollblutaraber) zufrieden – manch eines bevorzugt es eher gemächlich, aber die meisten sind im Galopp doch recht flott und laufen gern und schnell, wenn man sie nur lässt. Reiten wir manchmal lange Schritt, wird der Galopp danach umso rasanter – ein Genuss für Pferd und Reiter. Alle bauen wir eine Beziehung zu unserem Pferd auf, meines lässt sogar zu, dass ich mich an einem Morgen noch ein Weilchen zu ihm kuschle, nachdem ich ihn noch liegend angetroffen habe.

Morgens vor dem Reiten steige ich häufig auf die Felsen, die das Camp umgeben, um den Sonnenaufgang zu bewundern, ein atemberaubendes Spektakel. Mittags ist Zeit für eine Siesta in der Sonne oder auch für ein Spiel, das uns ein Beduine beibringt: Dem „Spielbrett“ wird mit Fingern und Sand Form verliehen und als Figuren werden Steinchen und Stöckchen benutzt.

Nach unvergesslichen Tagen in einer grandiosen Wüste heißt es viel zu schnell wieder Abschied nehmen und schweren Herzens reiten wir zurück zum Stall – aber nicht ohne ein kleines Rennen zu einer Quelle zu veranstalten … Als wir durch das Dorf reiten, fallen uns die Esel und Kamele in den Hinterhöfen einiger Häuser auf, für uns Europäer ein ungewohnter Anblick. Im Stall erhalten die Pferde von ihrem liebevollen Pfleger eine ersehnte Dusche und gesellen sich dann vergnügt zu ihren Kumpanen.

Wir haben Glück: In Rum Village findet heute eine Hochzeit statt, zu der uns Aied kurzerhand einlädt. Es gibt zwei Bereiche: Einen für die Männer und einen für die Frauen, wobei letzterer strikt abgetrennt ist und kein Blick nach innen zu erhaschen ist, außer man durchschreitet den Vorhang. Vor der ganzen Szenerie ist ein Gehege aufgestellt, in dem sich Schafe und Ziegen drängen – Geschenke für das Brautpaar. Wir zwei Frauen werden in den Damenbereich gelassen, wo wir nicht schlecht staunen, als wir die laute Musik hören und Zeuge einer fröhlichen Feier werden, auf der verhüllte wie auch westlich gekleidete Jordanierinnen die Tanzfläche erbeben lassen. Bevor sie den Ort der Feier verlassen, hüllen sich letztere jedoch wieder in ihre Schleier und Tücher.

Wir werden mit offenen Armen begrüßt und hauptsächlich die jüngeren Frauen und Kinder interessieren sich für uns, versuchen sich mit uns mit ihren wenigen Englischkenntnissen zu unterhalten und ziehen uns eifrig mit auf die Tanzfläche. Ganz anders geht es bei den Herren zu, zu denen wir als Europäerinnen einen Blick werfen dürfen: Sie sitzen im Halbkreis unter aufgespannten Stoffplanen auf eleganten Matten, trinken Tee, rauchen Wasserpfeife oder Zigarette und unterhalten sich in  gedämpfter Lautstärke – welch ein Kontrast zum Damenprogramm! Für uns war die Hochzeit jedenfalls ein ganz besonderes Erlebnis, das uns einen noch tieferen Einblick in das Leben der Jordanier ermöglicht hat.

Von fast allen Mitreitern müssen wir uns in Rum Village verabschieden, wir sind nun nur noch zu zweit. Abends gelangen wir in Petra im Amra Palace an, einem schönen 4-Sterne-Hotel, das auch einen Spa-Bereich hat. Hier erwartet uns ein reichhaltiges Büfett mit allen möglichen Köstlichkeiten. Am nächsten Morgen brechen wir in die antike Felsenstadt auf – das andere Petra. Hier erhalten wir eine interessante Führung und bewundern die alten in Fels gehauenen Gebäude und Fassaden, das gewaltige räumliche Ausmaß der Nabatäer-Stadt und sind insbesondere von der mächtigen, in einen hohen Felsen gemeißelten Schatzkammer und dem hoch über der Stadt aufragenden Kloster beeindruckt.

Nachdem wir schon viel gelaufen und auch recht hoch gestiegen sind, ruht sich mein Mitreisender eine Weile bei einem kühlen Drink mit herrlichem Blick über das große Gebiet Petras aus. Ich ziehe noch etwas weiter und gelange an einen Ort, der sich das „Ende der Welt“ nennt. Und diesen Eindruck macht der einsame Felsvorsprung auch, der einen atemberaubenden Blick freigibt auf eine nicht enden wollende Berglandschaft. Der Ort nimmt mich sofort in seinen Bann gefangen: Bis auf einen Jordanier, der dort sein Zelt aufgeschlagen hat und Tee anbietet, bin ich allein. Der Beduine kauert ganz vorn auf einer Felskante, unter der es steil hinab geht in unersichtliche Tiefen, lässt seine Beine baumeln und spielt auf seiner Laute – ich fühle mich wie in eine andere Welt versetzt. Begeistert setze ich mich auch auf einen Felsvorsprung und lasse das unwirkliche Szenario auf mich wirken.

Nach einem entspannten Abend im Amra Palace in Petra ist am nächsten Morgen die Al-Karak-Festung unser Ziel, eine weitläufige Ruine, durch die wir ein Weilchen spazieren und dabei den Blick über die umliegenden Dörfer und Ländereien genießen. Auf der Weiterfahrt nach Madaba machen wir noch einen Stopp am Toten Meer, das aufgrund des hohen Salzgehalts und der damit einhergehenden hohen Dichte des Wassers Menschen tragen kann – glückselig lassen wir uns untätig auf dem Wasser treiben und schauen dabei hinüber nach Israel, das vom Wasser aus ganz nah erscheint.

Bevor wir in Madaba ankommen, besichtigen wir noch eine Mosaikwerkstatt, wo uns die einzelnen Schritte der Mosaikherstellung gezeigt werden. In Madaba sind wir wieder im selben Hotel untergebracht wie am ersten Tag. Da es erst Nachmittag ist, entscheide ich mich für einen Spaziergang durch die Stadt, auf dem ich eine Kirche besichtige, in den ein oder anderen Laden hineinschaue und das heitere Treiben beobachte.

Früh am nächsten Morgen geht es nach Amman und von dort wieder nach Hause – nicht ohne Wehmut. Die abwechslungsreichen zehn Tage haben uns einen gelungenen Einblick in eine völlig andere Welt vermittelt. Vieles wird unvergessen bleiben: Die Ritte auf den liebenswürdigen Pferden durch eine der spektakulärsten Wüsten der Welt, die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Beduinen, die köstliche arabische Küche, die verschiedenen faszinierenden Landschaften, die uralte, beeindruckende Felsenstadt Petra, die Erfahrung sich im Wasser treiben lassen zu können ohne unterzugehen und nicht zuletzt die tolle Gruppe!

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