Mit Pferden auf Tour

Mit Piet’s Adventure Trails bergauf bergab durch die Eifel

Anfänger wie Fortgeschrittene entdecken auf den erfahrenen Wander-Pferden von Piet’s Adventure Trails die schönsten Seiten der Eifel. Von gemütlich bis anspruchsvoll, mal länger mal kürzer – das Tourenrepertoire des Wanderreitbetriebes hat für jeden etwas Passendes zu bieten. Der Reiz des Rustikalen verbindet sich dabei perfekt mit einem Hauch von Abenteuer, einer kleinen Prise Luxus und einer gehörigen Portion Spaß. Mitmachen empfohlen, aber Vorsicht: man könnte eifelsüchtig werden!

Text: Heike Gruber | Fotos: Dana Krimmling, www.rossfoto.de

Es ist ein verregneter Sonntag-Morgen, als Martin und ich über ein kleines Sträßchen nach Baar-Büchel in der Eifel kommen. Wer sich nun fragt, wo um Himmels Willen Baar-Büchel liegt, dem sei versichert: Wo Fuchs und Has’ sich gute Nacht sagen. Kaum zu glauben, dass nur wenige Kilometer entfernt, am Nürburgring, an manchen Wochenenden die Autos Stoßstange an Stoßstange parken und Tausende von Fans dem Motorengeheul der Formel-1-Wagen zu lauschen. Hier in Baar-Büchel ist davon nichts zu hören. Rundherum nur Wald und Wiesen, immerhin liegt das verschlafene Örtchen inmitten einer der waldreichsten Gebiete von Rheinland-Pfalz. Und hier betreibt Piet Rott mit seiner Lebensgefährtin Sarah Wieser den Wanderreitbetrieb „Piet`s Adventure Trails“. Der Name kommt nicht von ungefähr: „Ein bisschen Abenteuer muss schon dabei sein“, sagt Piet mit einem breiten Grinsen und führt uns zunächst in den „WhiteHat-Saloon“, wo wir vor dem Ritt noch ein kräftiges Frühstück bekommen. Im Ofen knistert ein gemütliches Feuer, auf den Bänken liegen warme Schafsfelle, ein Geweih an der Wand und ein Regal, in dem sich die unterschiedlichsten Whisky-Flaschen aneinander reihen, sorgen für noch mehr Westernromantik.

Alle Beteiligten haben ihren Spaß – wie man sieht.

Vor rund 14 Jahren kam Piet aus dem Ruhrgebiet in die Eifel und seit vier Jahren lebt er hier auf dem Aussiedlerhof, seine kleine Ranch, wie er den Hof auch liebevoll nennt. „Eifelsüchtig“ ist er und hat mit dem Wanderreiten seine Berufung gefunden. Angefangen hat alles mit privaten Touren, dann kamen immer öfters Freunde und Bekannte, die mit reiten wollten und schließlich war die Idee geboren, von und mit den Pferden zu leben, erzählt er uns. Eine mutige Entscheidung, die sich gelohnt hat. Heute kommen Wanderreitlustige aus ganz Deutschland und den Nachbarländern, um auf einem von Piets erfahrenen Wander-Pferden die Eifellandschaft zu genießen.

Auch an diesem Sonntag sind wir nicht die einzigen Mitreiter. Die Gruppe besteht aus insgesamt 13 Reitern, damit werden alle Wander-Pferde des Betriebes dabei sein. Bevor es losgeht, verteilt Piet mit viel Ruhe und guter Laune seine Pferde entsprechend der Reitkenntnisse und Wünsche der Teilnehmer. Die etwas vorsichtige Maren bekommt den gutmütigen Norweger Foxi, Laurance, die extra aus Luxemburg angereist ist, möchte die seltene Gelegenheit nutzen und das Maultier Chumble ausprobieren, Mickey, ein Stammgast, reitet ihre kleine Eifelliebe, das Liebenthaler Wildpferd Chap, und ich bekomme Farina, ein zierliches, sehr waches und aufmerksames Haflinger-Stütchen zugeteilt. Bei der Pferderasse ist Piet definitiv nicht festgelegt. Bei ihm zählen Zuverlässigkeit, Robustheit und Charakter des Pferdes, das sich ja schließlich immer wieder auf einen neuen Reiter einstellen muss. Und deshalb werden manche Pferde, wie der Andalusier Ramon, den Hof wahrscheinlich auch wieder verlassen. „Er ist ein tolles und talentiertes Pferd, mit dem man auf jeden Fall auch schwierigere Dressurlektionen reiten kann“ sagt Sarah. „Aber er braucht eine feste Bezugsperson und einen einzigen Reiter, der seine Talente fördert“.

Alle Pferde sind westernmäßig ausgebildet und Piet und Sarah helfen mit viel Geduld bei jedem Einzelnen, der angesichts des Westernsattels hilflos vor dem Pferd steht, beim Einstellen der Bügel oder beim Befestigen des Regenponchos. Vor dem Ritt gibt es dann auch noch eine kleine Einführung in die Reitweise. Piet erklärt uns mit seinem Führpferd Pepsi, welche Zügel- und Schenkelhilfen wir nutzen sollen und wie wir am besten aufsteigen. „Meine Pferde laufen auf Küsschen“, erklärt er, „ein Küsschen zum antreiben und mehrere Küsschen zum antraben“.

Schließlich sitzen wir alle auf unseren Pferden und los geht`s. Der Regen hat mittlerweile aufgehört, hier und da blitzt sogar ein kleiner Sonnestrahl hinter den dicken Wolken hervor. Der heutige Ritt ist eine Tagestour, die Teil des Drei-Königs-Trail ist, ein Wochenend-Trail, der ganz oder nur tageweise gebucht werden kann. Eigentlich war der Ritt als Schneetour geplant, und Schnee lag hier vor zwei Tagen noch jede Menge. Petrus hat der weißen Pracht jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aus der Schneetour wird daher kurzerhand eine Fast-Frühlings-Tour, was dem Zauber der Landschaft jedoch keinen Abbruch tut – im Gegenteil. Das Schmelzwasser hat Bäche und Rinnsale anschwellen lassen, es plätschert, rauscht und gurgelt munter im Gehölz und auf den Wegen. Dann plötzlich ein Knacken im Gebüsch, die Pferde spitzen ihre Ohren: Ein Rudel Rotwild kreuzt im Galopp unseren Weg und verschwindet wieder im Unterholz. Zum Teil sind die Wege noch stark vereist und wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu sehr ins Rutschen geraten. Doch die Pferde suchen sich trittsicher und geschickt ihren Weg.

Schließlich erreichen wir unser Zwischenziel des Tages, das kleine Café Bendisberg im Nitztal. Ganz im Stile der Deutschen Wanderreiter-Akademie, der Piet angehört, hat er auch für diesen Ritt diese kleine aber feine Einkehrmöglichkeit ausgesucht. Und während wir Reiter uns drinnen im hübsch antiken Ambiente aufwärmen und die gefüllten Pfannekuchen verspeisen, warten unsere Pferde draußen geduldig, bis es weiter geht.

Das etwas „gehobenere“ Ambiente ist es auch, was er unter anderem an der Deutschen Wanderreiter-Akademie schätzt, sagt Piet. Was nicht heißen soll, dass es dabei elitär zugeht. Wanderreiter werden auf seiner Ranch u. a. im rustikalen Mehrbettzimmer untergebracht und im Sommer wird am Lagerfeuer gegrillt und gesungen. Aber die Wanderreittouren werden mit viel Sorgfalt und Kreativität ausgesucht und geplant, die kulturellen und landschaftlichen Kleinode entlang des Weges werden entdeckt, kulinarische Genüsse nicht ausgeschlossen. So liest sich das Jahresprogramm von Piet auch wie ein Sammelsurium an Traumtouren durch die Eifel: Burgen-Trail, Eifelgold-Trail, Rotwein-Trail oder Hocheifel-Trail – alle Touren versprechen herrliche Natur und Fernblicke, unberührte Pfade sowie kulinarische und kulturelle Höhepunkte. Ein Highlight im Programm ist sicher auch eine mehrtägige Reittour durch die Pyrenäen, die Piet gemeinsam mit einem französischen Wanderreit-Kollegen seit einigen Jahren anbietet. Eines ist jedenfalls sicher: Die Qual der Wahl ist dem gewiss, der sich für eine Tour entscheiden muss. Nicht umsonst wurde Piet`s Adventure Trails auch mit dem Kreativ-Preis 2011 ausgezeichnet, den das Präsidium der Deutschen Wanderreiter-Akademie alljährlich für „die quantitative Vielfalt und den originären Ideenreichtum eines Reitprogrammes“ vergibt.

Merken sollten sich Wanderreitbegeisterte außerdem das jeweils erste Wochenende im August. Dann nämlich versammelt sich die Wanderreiter-Welt unter dem Motto „Pferde – Freunde – Feiern“ zum „Jammelwood“ in Baar-Büchel. „Entstanden ist die Idee zum jährlichen Wanderreiter-Treffen noch im alten Stall, der im kleinen Örtchen Jammelshofen lag, nur wenige Kilometer vom heutigen Standort in Baar-Büchel entfernt“, erzählt Sarah. „Dort haben wir eines Abends ins Tal geblickt und uns vorgestellt, in den Hügeln stünde „Jammelshofen“ – wie in Hollywood eben. Und im selben Atemzug war auch schon der Name ‚Jammelwood’ für das Sternreitertreffen geboren.“. Ein Wochenende lang werden gemeinsame Ausritte unternommen, wird am Lagerfeuer geschwoft und bei Livemusik gefeiert.

Viel zu schnell ist der Tag vorüber gegangen. Nachdem wir die Pferde versorgt haben, sitzen wir noch eine ganze Weile bei einem Glas Wein beisammen, erzählen und lassen den Tag Revue passieren. Auf Piet wartet aber auch an diesem Abend noch jede Menge Arbeit – am Schreibtisch. Zum wiederholten Male organisiert er das Wanderreiter-Dorf auf der EQUITANA in Essen. Dort präsentieren er und einige Wanderreit-Kollegen nicht nur ihre Angebote zu geführten Wanderritten in Deutschland und angrenzenden Ländern. Sie stehen auch mit Rat und Tat für alle Fragen rund um den Urlaub zu Pferd, die Ausbildung oder die Ausrüstung für das Wanderreiten zur Verfügung. Und um sich ausgiebig mit Gleichgesinnten auszutauschen, lohnt ein Besuch an der WesternBar, die bereits Tradition im Wanderreiter-Dorf hat.

Schweren Herzens nehmen die Reiter des Drei-Königs-Trail an diesem Abend Abschied, mit einem Versprechen: Wir kommen wieder, ganz bestimmt! Im Gästebuch lese ich wenige Tage später den Eintrag einer Mitreiterin: „Jeder gefahrene Kilometer zu Euch hat sich gelohnt!“. Und damit hat sie absolut Recht!