Reisebericht

Abenteuer Rocky Mountains

Der Schweizer Longrider Peter van der Gugten und sein ungarischer Mitreiter Szabo Zsolt sind vier Wochen lang durch die wilde Bergwelt der Rocky Mountains geritten. Mit ihren drei Pferden haben sie nicht nur Gletscher bezwungen, mussten die Gefahren der großen Sümpfe erleben und lernten wirkliche Einsamkeit kennen, sondern sie haben in der Willmore Wildnis das wahre Paradies auf Erden gefunden.

Text und Fotos: Peter van der Gugten, www.extremtrail.ch

Wir reiten an einem tief blauen See entlang. Um uns herum gibt es nur Wasser und Wald. Der Pfad, auf dem wir unterwegs sind, entfernt sich langsam vom See und führt uns hinein in den dunklen Föhrenwald. Die Bäume stehen hier so dicht, dass der Wald auf den ersten Blick undurchdringlich scheint. Bald geht es aufwärts Richtung Snake Pass, der auf 2700 Metern Höhe liegt. Doch um dort hin zu kommen, müssen wir erst noch einige Sumpfflächen durchqueren. Das ist ein gefährliches Unterfangen. Ich höre wie der Sumpf an den Hufen saugt und die Pferde immer wieder einsinken. Manchmal müssen sie einen Galoppsprung machen, um aus dem Matsch wieder raus zu kommen. Doch offensichtlich haben sie genug Erfahrung und meistern die Sache sehr gut.

Bisons in Sicht?

Als wir endlich oben auf dem Pass ankommen, machen wir eine Pause und genießen die Landschaft. Sie ist unglaublich weitläufig. Es reiht sich Bergkamm an Bergkamm und Tal an Tal. „Grast da vorne nicht eine Herde Bisons?“, frage ich mich und schaue genauer hin. Ich kann es nicht genau erkennen, aber auszuschließen wäre es nicht. Es ist so still, dass ich das Rauschen des eigenen Blutes in den Ohren hören kann. Zu Mittag gibt es nach alter ungarischer Tradition meines Mitreiters Szabo Zsolt ein Stück Brot mit roher Zwiebel, etwas geräucherte Wurst und Käse.

Gut gestärkt führen wir die Pferde den Snake River Pass auf der anderen Seite wieder hinunter. An den Stellen, an denen ein Fluss seinen Weg zum Snake River bahnt, verschwindet der Pfad immer wieder. Da es keine Brücken gibt, durchwaten wir die Flüsse mit den Pferden schwimmen. Doch bevor wir überhaupt ans Wasser kommen, müssen wir die Geröllhalden an den Ufern queren. Das ist eine heikle Sache. Doch daran und an die Sümpfe, die sich großflächig vor uns ausbreiten, müssen wir uns gewöhnen.

Der Pfad endet im Sumpf

Die Einheimischen nennen die sumpfigen Flächen Mooskek. Da es dort keinen Pfad mehr gibt, müssen wir uns unseren Weg selbst bahnen. Der Pfad verschwindet immer dort, wo die Elche und Hirsche auf die freien Flächen gehen, um zu weiden. Auch wir lassen die Pferde jeweils grasen, während ich den Sumpf umgehe, um auf der gegenüberliegenden Seite nach dem Pfad zu suchen.

In Outmealcamp finden wir nicht nur eine Zuflucht, sondern bekommen dazu noch eine gratis Dusche. Wir schaffen es gerade noch alles in´s Zelt zu bugsieren, ohne dass etwas nass wird. Im Regen stelle ich den Elektrozaun auf und hobble die Pferde an den Vorderfüßen. Außerdem entferne ich Lederstraps von den Klöppeln der Bären-Glocken, die die Pferde um den Hals tragen. Ohne die Lederstraps läuten die Glocken, wenn die Pferde sich bewegen.

Um drei Uhr in der Früh wache ich auf. Irgendetwas stimmt nicht. Es dauert eine Weile, bis ich rausfinde, was der Grund für meine Unruhe ist. Die Bären-Glocken, das Gebimmel der Pferde fehlt. Es ist viel zu ruhig. Ich bleibe noch eine Weile liegen und lausche in die Nacht hinein. Da bimmelt es doch – aber viel zu leise. Ich stehe auf, um draußen nachzuschauen. Der Morgan fehlt. Der E-Zaun steht, aber es sind nur die beiden Fiordies im Paddock. Aber jetzt mitten in der Nacht nach dem Morgan zu schauen, ist hoffnungslos. Also lege ich mich wieder schlafen. Die beiden Fiordies sind ruhig.

Ein Pferd ist verschwunden

Um fünf Uhr wird es hell und ich ziehe mich an, um Brass, den Morgan zu suchen. Da er gehobbelt ist, kann er nicht weit gekommen sein und ich folge der Spur auf dem Weg den wir gekommen sind. Man kann genau sehen, wo er halt gemacht hat und am Gras geknabbert hat, bevor er weiter gezogen ist. Etwa 500 Meter weiter steht er seelenruhig da und kaut genüsslich am Gras.

Der Trail führt den zweiten Tag durch das Snake River Valley und wie eine Schneise am Fluss entlang. Mal geht es über einen Hügel, mal rauscht der Fluss 40 Meter unter uns in einer engen Schlucht, dann mäandert er wieder auf fünf Kilometer Breite durch eine einzigartige Sumpflandschaft. Im Hintergrund leuchten die Gletscher. Der Boden variiert von grau über Ocker bis hellgrün, je nachdem ob wir gerade über eine Fläche mit Flechten oder durch Sumpfgelände kommt. Unterbrochen wird es durch helle kreisrunde Flächen eines Krautes, das weiße Ränder auf dunkelgrünen Blättern hat.

Bald kommen wir wieder an einen See. Der Ausblick ist gigantisch. So muss der Garten Eden ausgeschaut haben, bevor der Mensch ihn zu kultivieren begann. Hier müsste man eine Lodge haben, ein Kanu und wöchentlich ein landendes Wasserflugzeug mit frischem gekühltem Bier. Es wäre das Paradies.

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